Es war die dritte und letzte Veranstaltung der Bubenberg -Loge in ihren Jubiläumsjahr. Voraus gingen ein Konzert mit Jean-Jaques Schmid und ein Ausflug nach Spiez. (Die OFZ berichtete darüber.)
Der Abend wurde mit einer Feier in der Halle eröffnet. Dort begrüsste zunächst Obermeister Hans Dreyer die Festgesellschaft. Er gab den Anwesenden einen kurzen Einblick in die Geschichte der Bubenberg-Loge.
Ein schönes Unterfangen
«Alle in diesem Raum sind mit den Grundwerten des Odd Fellowtums vertraut. Und es freut mich ganz besonders, dass dies Grundwerte auch unserem illustren heutigen Gastredner gut vertraut sind. Die Grundwerte haben sich bis heute gehalten. Sie sind nötiger denn je in einer Welt, in der wir gegenwärtig leben.
1874 wurde der Orden der schweizerischen Odd Fellows gegründet. Wie ihr seht, ist die Bubenberger-Loge gerade mal halb so alt wie der Orden der schweizerischen Odd Fellows. Aber die Bubenberger holen auf! – Wenn wir Bubenberger einmal so alt sein werden wie die Grossloge in diesem Jahr, das wird im Jahr 2099 der Fall sein, dann werden die Bubenberger nur noch ein Drittel vom Alter der Grossloge entfernt sein.
Ob es uns dann noch gibt? Uns hier in der Halle wohl kaum mehr, aber hoffentlich die Loge!
Es ist ein schönes Unterfangen, solche Grundwerte wie Freundschaft, Liebe und Wahrheit auch weiterhin durch die kommenden Jahrzehnte zu tragen und bekannt zu machen. Ich habe einige alte Protokolle aus den Gründerjahren der Bubenberger-Loge, also um 1949 durchgeschaut.
Die Gründungsversammlung fand am 20. Dezember 1949 statt. Es entstand die 3. Berner Loge der Odd Fellows in der Schweiz, nebst den bereits bestehenden Fellenberger- und Haller-Logen. 1971 kam die 4. Berner Loge hinzu: Die Frauen-Loge Anna Seiler.
Die Adrian von Bubenberg-Loge ist Ende der 1940er-Jahre als neuer Spross aus der Fellenberg-Loge hervorgegangen. Die Mitgliederzahl der damaligen Fellenberg-Loge war derart hoch, dass dies bei etlichen Mitgliedern zu Unbehagen führte. Die Abspaltung bzw. die Neugründung der Bubenberger-Loge im Jahre 1949 verlief nicht ganz ohne Holprigkeiten. Das liegt, wie wir alle wissen, in der Natur solcher Prozesse. Sie sind meist schmerzhaft und oft konfliktuös. Wir beobachten das auch in unseren Tagen, nur auf einer anderen Skala und in ganz drastischer Form.
In der damaligen Gründungsversammlung im Dezember 1949 wurden auch praktische Dinge festgelegt. Die Sitzungstage und die Komitees. Die Komitees sind weitgehend wie damals. Ausser, dass der Bibliothekar/Archivar inzwischen vom Webmaster abgelöst worden ist.
Nach den Kinderjahren in den 1950er Jahren und durchstandener Pubertät in den 1960er-Jahren waren die Bubenberger in den 1970er Jahren als Loge erwachsen geworden. Hier ein Auszug aus dem Jahr 1971 von AM Hans Unternährer im Rahmen einer Festschrift:
«Haben wir richtig gehandelt, uns von der Mutterloge zu trennen; befindet sich die Adrian von Bubenberg-Loge auf dem richtigen Weg und haben wir die richtigen Weggenossen gefunden und ihnen das gegeben, was sie von einer OF-Loge erwarten dürfen?… Die Adrian von Bubenberg-Loge hat ihren jugendlichen Schwung und den Enthusiasmus der Gründer, aber auch die Ergriffenheit vor den hohen Zielen des Ordens bewahrt und ihr Versprechen von 1949, in Bern ein neues aktives Zentrum des Odd-Fellowtums zu bilden, eingelöst.»
Man fühlte sich damals also «auf Kurs».
Wie man sich fragen muss, ob man Organisation, als Verein, als Loge auf Kurs ist, so kann man analog diese Frage auch an sich persönlich richten, nicht nur als 75-jähriger, sondern in jeder Phase des Werdens.
Sind wir heute auch immer noch auf Kurs, so wie sich die Loge in den 1970er Jahren dazu wähnte? Denn es gibt drei wesentliche Aspekte, die dazu beitragen, dass eine Art oder ein Organismus überleben kann, und dies gilt wohl auch für uns:
- Die Fähigkeit, sich anzupassen;
- Die Fähigkeit, einen Nutzen zu stiften;
- Die Fähigkeit, Ressourcen anzuziehen.
Zur Fähigkeit einen Nutzen zu stiften, kann es keine Zweifel geben, wenn wir uns auf unsere Grundwerte besinnen:
- es ist gut, ein Rezept gegen Feindschaft zu haben: das Rezept der Freundschaft.
- Es ist gut, ein Rezept gegen den Hass zu haben: das Rezept der Liebe.
- Es ist gut ein Rezept gegen Lügen zu haben: das Rezept der Wahrhaftigkeit und Wahrheit.
All diese Rezepte haben wir nicht mit Riesen-Löffeln gegessen, aber:
Als «Bubenberger» wollen wir weiterhin auf dem Wege sein, auf dem Wege zu diesem grossartigen Dreigestirn: der Freundschaft, der Liebe und der Wahrheit, auch nach 75 Jahren des Bestehens unserer Loge!»
Achtungsvolles Miteinander und gegenseitige Wertschätzung
Es folgte die Ansprach von Gross-Sire Urs Zeller. Er stellte unter anderem die Frage, wo die Odd Fellows heute stehen. «Auch wir sind dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen», führte er aus. «Zwar basieren wir noch immer auf den Gedanken der Aufklärung, haben unser Wirken jedoch dem Zeitgeist entsprechend angepasst. Soziale Absicherung und Einstehen für Mitglieder in Not sind heute weitgehend durch staatliche Instanzen übernommen worden.
Unsere Ideale sind jedoch geblieben: Wir stehen ein für ein achtungsvolles Miteinander und der gegenseitigen Wertschätzung. An unseren Treffen diskutieren wir nicht nur über Grundwerte wie Freundschaft und Vertrauen, wir versuchen diese auch zu leben.
Nur wer an sich arbeitet, kann auch etwas Positives auf die Gesellschaft und die Mitmenschen reflektieren. Als besonders wichtige Aufgabe betrachten wir die Persönlichkeitsförderung, dabei unterstützen wir einander gegenseitig. Die Zusammenkünfte in angenehmer Atmosphäre regen den Gedankenaustausch an.Gerade in unserer hektischen Zeit ist die Pflege der Freundschaft eine wertvolle Bereicherung.
Nutzen wir die Zeit und geniessen das, was uns gegeben wird. Mit Achtsamkeit findet man zur inneren Ruhe. Mit positivem Denken werden wir in eine gute Zukunft eindringen können. Mit mehr Vertrauen an die Fachwelt können wir unser Verhalten gegenüber dem Positiven und dem Negativen verbessern. Mit Vernunft finden wir den richtigen Weg.»
Zum Schluss seiner Ausführungen zitierte der Gross-Sire eine Lebensweisheit des französischen Schriftstellers Georges Bernanos:
Wir alle müssen das Leben meistern. Aber die einzige Art, es zu meistern, besteht darin, es zu lieben.
Man muss Menschen mögen
Schliesslich trat der mit Spannung erntete Alt-Bundesrat Adolf Ogi an Rednerpult. Mit grossem Engagement sprach er zum Thema «Man muss Menschen mögen». Seine Zuhörerinnen und Zuhören erlebten eine Adolf Ogi, der intensiv und mitreissend aus seinem Leben und über unsere Möglichkeiten in der Zukunft reflektieret.
![Auch nach 75 Jahren bleiben die Bubenberger weiterhin auf Kurs](https://magazin.oddfellows.ch/wp-content/uploads/2025/01/Bubenberg-2-1024x683.jpg)
«Menschlichkeit ist das Schlüsselwort»
Wir hatten die Gelegenheit am Rande der Festlichkeiten mit dem Alt-Bunderrat zu sprechen.
Können Sie Ihre heutigen Eindrücke schildern?
Ich finde es äusserst positiv und vor allem wichtig, gerade in der heutigen Zeit, in der die Aussichten oft düster erscheinen, den Versuch zu unternehmen, von der Basis aus eine bessere und friedlichere Welt aufzubauen. Dieser Prozess beginnt wie ein Samen, der irgendwann keimen, wachsen und schliesslich in einer Blüte aufgehen wird – und diese Blüte ist der Frieden in der Welt. Es ist entscheidend, positiv zu denken und an diesen Wandel zu glauben.
Was sagen Ihnen die Werte der Odd Fellows
Ich habe versucht, diese Werte aus meiner Sicht zu definieren, und letztlich laufen sie alle auf ein zentrales Konzept hinaus: Menschlichkeit. Die Menschlichkeit ist das Schlüsselwort, das sich jeder von uns jeden Morgen mit auf den Weg geben sollte – als Begleiter, als innerer Kompass. Und genau diese Menschlichkeit zu leben, ist eine Aufgabe, die die Odd Fellows vorbildlich erfüllen. Diese Arbeit sollte man anerkennen und wertschätzen.
Wie wichtig halten Sie Tradition und Gemeinschaft, wie sie die Odd Fellows pflegen?
Ich halte diese Werte für zentral und genau richtig. Es ist eine bedeutsame Aufgabe, diese Tradition und Gemeinschaft nach aussen zu tragen und den Menschen immer wieder kommunikativ zu erklären, worum es dabei geht. Das ist gelebte Menschlichkeit, das ist die Umsetzung von Werten. In diesem Sinne sollten wir uns alle als dienende Menschen verstehen.
Das ist auch etwas, das mir mein Vater mitgegeben hat. Damals habe ich es vielleicht noch nicht vollständig in seiner Bedeutung gewürdigt. Doch während meiner Tätigkeit – sei es als Nationalrat, Parteipräsident, Bundesrat oder vor allem bei der UNO, wo ich für Kofi Annan und Ban Ki-moon tätig war – habe ich immer wieder an seine Worte gedacht, die er mir mit Liebe nahegebracht hat. Sie sind für mich ein Wegweiser geblieben.