Rund 140 Zuhörende verfolgten während eineinhalb Stunden eine lebhafte und fundierte Diskussion über die bevorstehenden Wahlen in den USA: Der in Schaffhausen aufgewachsene Vinz Koller, Politologe und langjährig aktiv in Verantwortungspositionen der demokratischen Partei in Kalifornien sowie selbst mehrfach einer der 538 Elektoren im US-Präsidentschaftswahlprozess im Gespräch mit dem Ex-SRF-News Anchorman Stephan Klapproth.
Vorgängig konnte der Vertreter der Rheinfall-Loge, Bruder Thomas Wetter, die Odd Fellows und ihre Werte vorstellen. Selbstverständlich unterliess er es nicht, auf die Gründung unseres Ordens im Jahre 1819 durch Thomas Wildey in Baltimore hinzuweisen.
Schicksalhafter und kontrastreich
Selten war eine US-Präsidentschaftswahl schicksalhafter, selten der Kontrast zwischen den Opponenten schärfer als heute zwischen Vizepräsidentin Kamala Harris und Ex-Präsident Donald Trump. Eine ehemalige Staatsanwältin, 59 Jahre jung, multiethnisch, progressiv, mit einem Draht zur nächsten Generation tritt an gegen einen Populisten, der die Diktatoren dieser Welt bewundert und einen eigenen Umgang mit seiner Nicht-Wiederwahl von 2020 pflegt.
Der Gesprächsleiter Stephan Klapproth zählt nach 22 Jahren als Frontmann der SRF-Sendung «10 vor 10» zu den erfahrensten Nachrichtenmoderatoren im deutschsprachigen Europa. Von der Clinton-Wahl 1992 bis zur Wahl von Donald Trump war er für SRF als Sonderkorrespondent für US-Politik unterwegs und arbeitete in dieser Zeit mit Vinz Koller zusammen. Diese persönliche Vertrautheit prägte den ganzen Abend sowohl die Fragen als auch die Antworten.
Vinz Koller machte deutlich, dass viel auf dem Spiel stehe: «Es geht nicht um die traditionelle Auseinandersetzung zwischen Mittelinks und Mitterechts, sondern um die Grundfragen der Demokratie wie die Rechtsstaatlichkeit und Bürgerrechte.» Dieser Wahlkampf sei anders als das, was man bisher gesehen habe. Vinz Koller schilderte auch eine eigene Erfahrung in der Familie mit der Problematik der Spaltung des Volkes. Interessant war auch der Einblick in die Formen des Wahlkampfs. «Wir können keine Gipfeli am Bahnhof verteilen, da wir über wenige Bahnhöfe verfügen.» Die Organisation von Gesprächen von Tür zu Tür sei wichtig. Die Frage aus dem Publikum zur Wirkung der Wahlempfehlung durch die amerikanische Sängerin und Entertainerin Taylor Swift bezeichnet Vinz Koller als gross. Ein Fragesteller erkundigte sich nach dem Einfluss der Frauen in dieser Wahl. Auch diese Frage bejahte er. Wahlen in den USA seien stark emotional geprägt.
Was ihm fehle, so Klapproth, sei eine wirtschaftliche Vision von Harris. Dass sie dies nicht aufzeige, sei auch Taktik, entgegnete Koller. «Trump gilt in den Köpfen vieler Amerikaner als Geschäftsmann.» Jede Sekunde, in der Harris über Wirtschaft spricht, komme Trump zugute, so Koller.
Im zweiten Teil des Abends trafen sich die beiden Referenten zusammen mit den Mitgliedern der Arbeitsgruppe der Vortragsgemeinschaft und der Odd Fellow-Familie im Refektorium zu einem gemeinsamen Imbiss. Hier hat uns Vinz Koller verraten, dass er am folgenden Tag eine auf dem Rhein geniessen werde, bevor er sich wenige Tage später wieder in den Wahlkampf in seiner Wahlheimat stürze.