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Historisches am Weltfrauentag

Am 8. März war es einmal wieder soweit: In Bern fand die Aufnahmen in das Eidgenossen-Lage fand statt. Doch diesmal war es eine besondere Feier: zum ersten Mal wurden auch Matriarchinnen aufgenommen- und dies bezeichnenderweise am Weltfrauentag. Gastgeberin dieses historischen Ereignisses war die Fellenberg-Loge Nr. 3.
Aufnahmefeier
Standen im Mittelpunkt des Eidgenossen-Lagers: die neuen Matriarchinnen und Patriarchen. Foto: Helmut Gerwig

Zehn Schwestern waren es, die als erste Matriarchinnen ins Eidgenossen-Lager aufgenommen wurden. Hauptpatriarch Karl Eiermann sprachen dann auch von einem grossen Schritt in die richtige Richtung. Man dürfe nun gemeinsam die Zukunft der Odd Fellows weitergestalten und -entwickeln. Dass dies keine Selbstverständlichkeit sei, zeige ein Blick in die Vergangenheit der Schweiz. So sei das Frauenstimmrecht erst 1971 mit einer Zweidrittelmehrheit vom Volk angenommen worden. Es habe dann noch weitere 19 Jahre gedauert, bis auch den Frauen in Appenzell Innerrhoden per Gerichtsentscheid das Wahlrecht zuerkannt worden sei. In der Schweiz gehe es eben oft etwas bedächtig zu und her, was aber nicht zwingend falsch sein müsse.

 

 

Erkenne dich selbst

Das Leben, so habe es ein altes Sprichwort ausgedrückt, sei voller Stolpersteine.

«Warum ich dies so ausdrücke», so der Hauptpatriarch, «hat folgenden Hintergrund. Bei der feierlichen Aufnahmefeier von heute, fiel im Vorprogramm eine Aufforderung mit folgendem Satzinhalt: Schöne und nützliche Lehren zu hören ist eins, den Erfolg bringen sie jedoch erst, wenn sie im Alltag auch umgesetzt werden. Ein bedeutender und tiefgreifender Satz. Dieses Zitat hat etwas mit Selbsterkenntnis zu tun. ‹Erkenne dich selbst› lautet die Aussage.»

Dies sei allerdings leichter gesagt als getan, erläutert Karl Eiermann. Daran zu arbeiten sei jedoch nicht verboten und durchaus mit Erfolg möglich. Selbsterkenntnis sei eng mit Selbstreflexion verbunden – also dem Nachdenken über sich selbst, der Selbstbeobachtung. Dazu gehöre auch Selbstkritik – das kritische Hinterfragen und Beurteilen des eigenen Denkens, der eigenen Standpunkte und Handlungen im Alltag. Die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis setze Selbstbewusstsein voraus. Man könne diese erkennen, indem man das eigene Verhalten und die eigenen Reaktionen im Leben sowie im sozialen Miteinander vergleiche. Selbsterkenntnis sei eine grundlegende menschliche Fähigkeit, die jeder Mensch besitze. Das Verstehen anderer Menschen sei zudem eine wichtige Voraussetzung für ein funktionierendes, soziales Zusammenleben. Er habe außerdem betont, dass auch gesagt werden müsse: Das Gegenteil von Selbsterkenntnis sei Selbsttäuschung, welche häufig aus mangelnder Selbsterkenntnis resultiere. Diese könne sich wiederum in Selbstüberschätzung oder Selbstunterschätzung äussern.

Diese Überlegungen hätten den Hauptpatriarchen zu einer weiteren Fragestellung geführt:

«Menschlich ethische Entscheidungen sind und bleiben gefragt, auch für die Zukunft im Lebenslauf der Menschheit. Doch gelingt eine Delegation ethischer Entscheidungen auch mit den Maschinen?»

Die künstliche Intelligenz sei im Vormarsch und werde umgesetzt – ob man das wolle oder nicht. Dabei stelle sich die Frage, ob man die Fähigkeit zur Selbsterkenntnis an die KI übergeben könne. Ob das überhaupt möglich sei. Ob ethische Entscheidungen zur Entlastung des Menschen an künstliche Intelligenz delegiert werden könnten. Im Zentrum stehe die Überlegung, ob Maschinen über Moralfähigkeiten verfügten – und ob Menschen ihnen deshalb solche Entscheidungen anvertrauen könnten. Seiner persönlichen Meinung nach sei das eher nicht der Fall.

Der Hauptpatriarch schloss seine Rede mit dem Hinweis: «Selbsteinschätzungen, wie auch ethische Entscheidungen, sind und bleiben eine Verantwortung von Menschen. Denn nur Menschen können das erkennen, sich entsprechend der Situation entscheiden und danach handeln.

Darum folgere ich, dass man sich auf seine eigenen Stärken fokussieren sollte.

  • Bleib dir treu
  • Akzeptiere, dass Misserfolg ein grosser Teil des Erfolges ist
  • Sei offen für die Meinungen der anderen und wäge sie mit deinen ab
  • Achte darauf, mit wem du dich umgibst Also leben wir die Lagergrade im hier und jetzt:
  • Die Gastfreundschaft untereinander pflegt
  • Toleranz und Respekt leben, nach dem Motto der goldenen Regeln: Wie ihr wollt, dass die Leute mit euch umgehen, so geht auch mit ihnen um.
  • Und zu guter Letzt: Erkenne dich selbst!»

 

 

 

Die Gleichberechtigung im Orden vollständig vollzogen

Gross-Sire Urs Zeller wies in seinem Vortag auf den historischen Moment für die Schweizer Odd Fellows hin: Erstmals würden Schwestern als Mitglieder ins Eidgenossen-Lager aufgenommen. Damit sei die Gleichberechtigung im Orden vollständig vollzogen. Zwar sei der Anlass ursprünglich durch die Reduktion der Frauenlogen und der damit verbundene Wegfall des bisherigen Rebecca-Lagers bedingt, doch richte sich der Blick nun in die Zukunft.

Er betonte, dass das Zusammenlegen der Lager sowohl eine Stärkung der Schwestern als auch eine Horizonterweiterung für die Patriarchen bedeute. Die gemeinsamen Werte würden vertieft, neue Aspekte könnten sich daraus ergeben. Das Symbol des Stäbebündels erinnere daran: Gemeinsam sei man stärker – besonders in einer Zeit zunehmender Polarisierung.

Urs Zeller führte aus, dass der Orden zwar politisch neutral sei, sich aber dennoch mit den zentralen gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzen müsse. Die Suche nach Wahrheit und Wahrhaftigkeit bleibe aktuell. Die Werte des Ordens müssten im heutigen Kontext verstanden und vermittelt werden. Dies biete auch Chancen, den Orden sichtbarer zu machen und seinen Nutzen im Alltag aufzuzeigen – gerade heute, wo Freundschaft und Zusammenhalt wieder neu geschätzt würden.

Er erinnerte daran, dass die Grundwerte der Odd Fellows tief in der Aufklärung verwurzelt seien: Solidarität, Freiheit, Gleichheit, Frieden und Menschenwürde – oder anders gesagt: Gemeinschaft, Autonomie, Nichtdiskriminierung, Koexistenz und Selbstwert. Diese Werte seien aktueller denn je. Ein zentrales Element sei zudem die Verantwortung – für das eigene Leben wie auch im Umgang mit anderen. Je mehr Freiheit, Macht oder Wissen man habe, desto grösser sei diese Verantwortung.

 

Eine Art «Think Tanks» des Ordens.

An die neuen Matriarchinnen und Patriarchen gerichtet, sagte der Gross-Sire, dass sie mit ihrer Aufnahme einen weiteren bedeutenden Schritt im Orden gemacht hätten. Gemäss Thomas Wildey seien Lager Orte für erfahrene Odd Fellows, um Ideen und Wissen auszutauschen und an Jüngere weiterzugeben. In der Geschichte des Ordens hätten die Lager stets eine besondere Rolle gespielt – während sich die Logen um konkrete Hilfe kümmerten, seien die Lager Orte der Reflexion und Entwicklung gewesen – eine Art «Think Tanks» des Ordens.

Auch das Eidgenossen-Lager verfolge diesen Gedanken: Es solle die Ordenswerte vertiefen, höhere Grade verleihen und Begegnungen ermöglichen. Das auf der Homepage abgebildete Zelt in der Wüste stehe symbolisch für Gastfreundschaft – eine uralte, kulturübergreifende Tradition, die Offenheit und die Begegnung mit dem Anderen ermögliche.

Urs Zeller sprach auch über Werte, die vermittelt würden – darunter Gastfreundschaft, Toleranz und Respekt. Gastfreundschaft bedeute, anderen mit freundlicher Offenheit zu begegnen. Toleranz sei mehr als das Ertragen von Unterschieden, sie erfordere echtes Verständnis. Respekt umfasse Anerkennung, Höflichkeit und Fairness – und sei essenziell für ein friedliches Zusammenleben. Mandela habe es so ausgedrückt: Frei zu sein bedeute auch, die Freiheit anderer zu achten und zu fördern.

Auch das Thema Erkenntnis sei zentral: Sie sei mehr als bloße Meinung oder Erfahrung – sie setze ein bewusstes Verhältnis zwischen dem erkennenden Menschen und dem Erkannten voraus. Max Planck habe dazu gesagt: Die Naturwissenschaft diene der Erkenntnis, der Glaube dem Handeln.

Der Gros-Sire schloss mit den Worten: «Das Ziel des Lagers ist jedoch nicht nur eine Vertiefung dieser Werte, sondern dient auch dem Kennenlernen Gleichgesinnter in anderen Regionen, Aufbau neuer und Vertiefung von bestehenden Freundschaften und der Pflege der Geselligkeit. Nutzt diese neuen Möglichkeiten zum Aufbruch in unserem Bruder-und Schwesternbund –es lohnt sich noch-mehr, ein engagierter Odd Fellow zu-sein. Ich wünsche allen Matriarchinnen und Patriarchen eine lehr- und begegnungsreiche Zeit – hoffentlich bald in einer friedlicheren Welt.»

Uwe Guntern

Über den Autor

Uwe Guntern ist Redaktor der Odd Fellows Zeitschrift.

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