Zum einen verabschiedete sich Adi Koch als Hauptpatriarch. Seine Nachfolge hätte eigentlich Beat Mühlebach antreten sollen. Doch Bruder Beat ist derzeit mit seinem Amt als Obermeister bei der kürzlich gegründeten Loge «Drei Ringe zu Basel» intensiv eingebunden. Daher hatte sich ein alter Bekannter im Amt des Hauptpatriarchen – Karl Eiermann – bereiterklärt, dieses auf ein Jahr begrenzt wieder zu übernehmen. Weiterhin wurde Jürg Oberle als Führer gewählt und in sein Amt eingesetzt
Alle anderen Mitglieder der Lagerleitung stellten sich wieder zur Verfügung und wurden in ihren Ämtern bestätigt.
In seiner Abschiedsrede als Hauptpatriarch bedankte sich Adi Koch sich zunächst bei allen für das ihm entgegengebrachte Vertrauen und die Unterstützung. Es sei ihm eine grosse Ehre gewesen, sich dieser Herausforderung mit viel Respekt, Freude und Elan zu stellen. Nach bestem Wissen und mit vollem Engagement habe er sich für die Zukunft des Eidgenossen-Lagers eingesetzt und zusammen mit seinen Beamten erlebnisreiche Lager ermöglicht, um den Zusammenhalt der Odd Fellows in der Schweiz zu pflegen und zu stärken. Seinen Freunden in der Lagerleitung dankte er von ganzem Herzen für die aktive und zielgerichtete Zusammenarbeit, ihren Einsatz und die tatkräftige Unterstützung, auch in schwierigen Zeiten. Der scheidende Hauptpatriarch zeigte sich zutiefst davon überzeugt, dass die faszinierenden Lagergrade in der heutigen Zeit von enormer Bedeutung seien, sei sich jedoch auch bewusst, dass es nicht immer leicht sei, diesen Samen auf fruchtbaren Boden zu bringen. Für ihn seien erfüllte Pflicht, Hingabe an die Gemeinschaft, Sehnsucht nach dem Ewigen, Toleranz gegenüber dem Mitmenschen und gelebte Gastfreundschaft essenzielle Voraussetzungen für das Zusammenleben der Menschen. Er appellierte, weiterhin gemeinsam an diesen Werten zu arbeiten und als Vorbilder voranzugehen. Die Saat solle ausgestreut werden, wobei das Eidgenossen-Lager Nr. 1 als Hafen und Fundament diene. Koch ermutigte dazu, sich weiterhin in den verschiedenen Regionen der Schweiz zu treffen und sich gemäss dem Motto „Tue Gutes und sprich darüber“ in der Öffentlichkeit zu zeigen. Am Ende rief er den Anwesenden zu: «Viva Odd Fellows, Viva Patriarchen»!
Eine Zwischenlösung
Es folgte die Einsetzung der drei Lagerbeamten durch Gross-Sire Urs Zeller und Gross-Marschall Mattias L. Heinimann in ihre neuen Funktionen. Danach übernahm Karl Eiermann als Haupt-Patriarch die Leitung der Sitzung.
Er bedankte sich in seiner Antrittsrede zunächst herzlich für das Vertrauen, das ihm bei der Wahl des Vorstandes ausgesprochen worden sei. Zudem sprach er seinen Dank für die umsichtige Führung von Adi Koch in den letzten vier Jahren aus. Adi habe die Lagerleitung mit seinen Ideen, Vorträgen und seinem Umgang innerhalb der Bruderschaft nachhaltig geprägt. Der neue Haupt-Patriarch erklärte, er werde nun bis Ende 2025 als «Zwischenlösung» dem Lager dienen und hoffe auf eine fruchtbare Zusammenarbeit. In seiner Rede zitierte er Leonardo da Vinci, der vor 500 Jahren den Spruch formuliert habe, dass in einer Zeit, in der alles möglich erscheine, auch der «uomo universale», der Universalmensch, wiedergeboren werde. Dieser Gedanke sei erstaunlich modern, so Eiermann.
Anschliessend stellte Karl Eiermann die Frage, ob der Universalmensch nach einem halben Jahrtausend tatsächlich «universaler und menschlicher» geworden sei, und fragte sich, was dafür und was dagegenspreche. Was er jedoch sicher wisse, sei, dass die Logen im ganzen Land ein einzigartiger Ort seien. Das Eidgenossen-Lager diene als Bindeglied zum Bundesbüro und stehe für Aufgaben wie gelebte Gastfreundschaft, Toleranz und die Pflege der Gemeinschaft, was einen guten Nährboden für das Logenleben bilde. Viele veränderte Elemente verschmölzen mit dem ursprünglichen Stil der alten Zeit und versprühten so einen unvergleichlichen Charme, fügte er hinzu.
Besonders hob er die wichtige Rolle der Patriarchen als Bindeglied zwischen ihrer Loge und dem eidgenössischen Lagerplatz hervor. Menschen, die sich sozial verhielten, ohne dies hervorzuheben oder sich besser als andere zu fühlen, stimmten ihn zuversichtlich. In einer konsum-, konkurrenz- und geldgetriebenen Gesellschaft sei dies keineswegs selbstverständlich. In der Schweiz habe man jedoch das Glück, dass die Wege zueinander in der Regel kurz seien, was den Vorteil persönlicher Begegnungen mit sich bringe. Dadurch könnten Vorurteile hinterfragt und Sichtweisen differenzierter betrachtet werden, anstatt nur zu polarisieren. Ein sozialer Ausgleich, betonte er, könne regionale Spannungen mindern – sei es bei den Odd Fellows, im privaten Bereich oder im Arbeitsleben.
Zum Abschluss nahm Haupt-Patriarch Karl Eiermann nochmals das Leitbild des «uomo universale» auf: Der Universalmensch solle sich um das Gemeinwohl seiner Mitmenschen kümmern. Jeder noch so kleine Schritt zähle, auch wenn man vielleicht denke, dass er nichts bringe. Eine bessere Welt sei durchaus möglich und machbar, wenn jeder darauf achte, einen Beitrag zu leisten – nicht nur, weil man es vielleicht sollte, sondern weil man es müsse.
Wenn aus «Blabla» immer mehr «Blabla» entsteht
Auch Gross-Sire Urs Zeller ergriff das Wort. In seine Rede erklärte er, dass eine besonders feierliche Zusammenkunft im Orden die Einsetzung von Beamten sei, die nicht nur der Weiterentwicklung des Ordens, sondern auch der Förderung der wichtigen Grundsätze diene. Durch die Wahl hätten die Mitglieder eine neue Führungs-Crew für ihr Lager bestimmt, die nun feierlich in Pflicht genommen worden sei. Er stellte fest, dass Pflichten in den letzten Jahren zunehmend hinterfragt würden, da sie als unbequem empfunden würden und nach Zwang und Unfreiheit rochen. Stattdessen wolle man immer mehr als Individuum wahrgenommen werden.
Im Namen der Grossloge sprach er seinen Dank aus. Er dankte allen Beamten, die ihre Aufgaben weiterhin mit Freude und Sorgfalt ausführten, sowie den Brüdern, die ein neues Amt übernommen hätten. Er würdigte auch die Patriarchen, die den Beamten das wichtige Vertrauen ausgesprochen hätten. Vertrauen sei für die Entwicklung des Lagers entscheidend, und vielleicht erinnerten sich einige an die Worte von Matthias Claudius: «Die grösste Ehre, die man einem Menschen antun kann, ist die, dass man zu ihm Vertrauen hat.»
Dann ging der Gross-Sire auf ein aktuelles Thema ein, welches das Leben aller beeinflusse. Er sei auf das Thema durch eine Glosse im «Beobachter» aufmerksam geworden und fragte: Was habe der Darwin Award mit Künstlicher Intelligenz zu tun?
Er erläuterte, dass Charles Darwin, der Schöpfer der Evolutionstheorie, eine Cousine geheiratet und damit genetisches Roulette gespielt habe, da von den zehn Kindern des Paares einige früh starben und andere kinderlos blieben. «Darwin hätte es eigentlich besser wissen müssen.»
Dann erklärte er den Ursprung des Darwin Awards, eines sarkastischen Negativpreises, der 1990 von Biologiestudenten der Stanford University ins Leben gerufen worden sei. Der Award zeichne Menschen aus, die sich durch eine bemerkenswerte Fehleinschätzung oder ein unüberlegtes Missgeschick selbst töteten oder unfruchtbar machten, wodurch sie dafür sorgten, dass ihre Gene nicht weitergegeben würden. Die Initiatoren hätten die Idee gehabt, dass ein Individuum, das sich durch eigene Dummheit von der Fortpflanzung ausschliesse, der Menschheit einen Gefallen tue, indem es den Genpool «verbessere».
Unter den Darwin Award-Gewinner befänden sich, so Urs Zeller, ein Räuber, der während eines bewaffneten Überfalls in einem Waffenladen auf einen Polizisten traf und getötet wurde, sowie ein Anwalt, der beim Versuch, die Stabilität eines Fensters im 24. Stock zu demonstrieren, aus dem Gebäude stürzte. Der Gross-Sire hoffte, dass sich natürliche Dummheit mit der Zeit selbst erledige, denn Künstliche Intelligenz werde das Problem nicht lösen.
Laut Voraussagen würden bis zum Jahr 2026 etwa 90 Prozent der Inhalte im Internet synthetisch sein – also von Künstlicher Intelligenz erstellte Texte, Bilder, Videos oder Audios. Ein britischer Informatikprofessor habe gewarnt, dass das Internet so wie die Ozeane mit Plastikmüll überschwemmt wurden, nun mit «Blabla» gefüllt werde. Dies könne ein grosses Problem darstellen, da Künstliche Intelligenz auf Inhalten aus dem Internet basiere und wenn sie nur «Blabla» als Input erhalte, immer mehr «Blabla» als Ergebnis liefere. Für diese Internet-Inzucht verdiene Künstliche Intelligenz eigentlich den Darwin Award.
Gross-Sire Urs Zeller schloss mit den Worten: «Sein wir froh, dass wir Odd Fellows unsere Lager und Logen haben, die nicht mit Kl trainiert werden müssen. Verlassen wir uns auf unsere eigenen geistigen Fähigkeiten – mehr als ein Lichtblick in der heutigen Zeit. Ich freue mich auf alle Fälle auf unsere künftigen Treffen im Kreise Gleichgesinnter.»
Doppelter Einsatz
Gleich zweifach war beim Rahmenprogramm Bruder Hans-Rudolf Kneubühl von der gastgebenden Biel-Seeland-Loge gefordert. Zum einen brachte er den Damen und Gästen den Gemüsepfad des Inforamas näher, zum zweiten hielt er auch den Vortrag zum Thema «Das grosse Moos, wichtigster Lebensmittelproduktionsort der Schweiz. Er war kurzfristig für den verhinderten Gastredner Peter Thomet eingesprungen. Beide Einsätze meisterte er mit Enthusiasmus, viel Herzblut und Bravour.
Den Abschluss bildete dann das gemeinsame Mittagessen. Hier war Zeit für vertiefende, anregende oder auch entspannende Gespräche und das eine oder andere Glas Wein.
«Das Eidgenossen-Lager ist ein Kraftort»
Nach dem Herbstlager sprachen wir mit Adi Koch über seine Zeit als Hauptpatriarch.
Klingt heute, da du dein Amt an Karl übergibst, auch etwas Wehmut nach?
Ja Wehmut und Freude. Wehmut, weil ich in meiner Aufgabe aufgegangen bin und sie vier Jahre mit grosser Hingabe sowie Überzeugung gelebt habe. Freude, weil ich weiss, dass mit Karl und unseren Beamten eine erfreuliche Zukunft des Eidgenossen-Lagers gesichert ist.
Was ist dir aus deiner Zeit als Hauptpatriarch besonders in Erinnerung geblieben?
Die gute Zusammenarbeit im Beamtenkollegium und die vielen positiven Feedbacks von Patriarchen und Gästen.
Gibt es vielleicht auch die eine oder andere Lehre, die du aus deiner Amtszeit mitnimmst?
Zum einen frühzeitig tolle Referenten finden und mit ihnen nachhaltigen Kontakt bis kurz vor dem Anlass durchsetzen. Dann der Glaube an unsere Sache, Zusammenhalt und Engagement im Team sowie persönliche Leidenschaft erreichen viel!
Würdest du sagen, dass die Zeit als Haupt-Patriarch dich geprägt hat und du dich in dieser Zeit auch persönlich weiterentwickelt hast?
Ja, diese vier Jahre und die gemeinsamen Erlebnisse leben in mir weiter.
Welche Herausforderungen siehst du für das Eidgenossen-Lager in den kommenden Jahren?
Die gleichen wie viele andere traditionelle Organisationen. «Die Welt steht an einem Wendepunkt der Geschichte», sagte der WEF-Gründer Klaus Schwab. Noch nie kamen so viele Krisen aufs Mal zusammen und unserer «Wohlstandsgesellschaft» fehlt der sogenannte «Tiefgang». Die Frage nach dem Sinn des Lebens wird verdrängt und das Ego greift um sich. Wir haben heute viel zu wenig Zeit für Gemeinschaft. Bei den Odd Fellows findet man die Zeit der Entschleunigung und des Innehaltens. Das Ritual hilft uns, uns auf positive Werte zu besinnen und spendet Zuversicht. Unsere Gemeinschaft der Odd Fellows, insbesondere das Eidgenossen-Lager, bietet die Grundlage für das Zusammenleben in schwierigen Zeiten und bringt die Odd Fellows mit ihren Partnerinnen und Partnern aus der ganzen Schweiz zusammen.
Das Eidgenossen-Lager ist ein Kraftort für alle schweizerischen Odd Fellows. Wir sind überzeugt, dass das Eidgenossen-Lager die besten Möglichkeiten für ein gemeinsames Erlebnis mit unseren Partnerinnen und Brüdern aus der ganzen Schweiz und die Vertiefung unserer Werte bietet. Das stärkt unsere Gemeinschaft und gibt Kraft für die Zukunft.