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Wissenswertes und Lyrisches am Adventslager

Das Zunfthaus Linde Obertrass in Zürich war 2024 Treffpunkt des Adventslager. Gastgeberin war die Helvetier-Loge Nr.1
Wissenswertes und Lyrisches am Aventslager
Hauptpatriarch Karl Eiermann wies darauf hin, dass man den ersten Schritt wagen müsse, um eine Wanderung zu beginnen oder eine Veränderung im Lebenslauf zu erreichen. Fotos: Uwe Guntern

Zu Beginn des Lagers teilten sich zunächst Odd Fellows und Partnerinnen und Gäste. Letztere begaben sich zu einer Führung ins Kunsthaus Zürich, während Hauptpatriarch Karl Eiermann die Rituelle Lagersitzung eröffnete.

Wohin des Weges?

So fragte der Hauptpatriarch in der Rituellen Sitzung die Odd Fellows. Dabei ging er auf das Jahresthema «Wege entstehen dadurch, dass man sie geht» ein. Das Kafka-Zitat erinnere uns daran, dass man den ersten Schritt wagen müsse, um eine Wanderung zu beginnen oder eine Veränderung im Lebenslauf zu erreichen. Damit etwas entstehen könne, müsse ein Wanderweg erst ein paarmal abgeschritten werden, bevor man ihn erkennen könne. Dafür brauche es viele Schritte, denn jeder Schritt zähle, um den Weg zu festigen und begehbar zu machen. Es könne auch notwendig sein, den Weg zu verbreitern, um bei Begegnungen nicht zusammenzustoßen oder nebeneinander mit einem Mitmenschen gehen zu können.

«Man wandert also los, auf dem Weg, den schon viele Artgenossen ebenfalls gewandert sind und vergisst deswegen alle Mühen und Sorgen vom Alltag. Das ist grundsätzlich eine gute Sache. Aber ziellos herumwandern, bringt einen auch nicht weiter und bringt uns auf unserem Lebensweg nicht zu dem gewünschten Lebensziel.

Dazu braucht es vielleicht neue Wege. Das lohnt sich aber nur, wenn man ein vernünftiges und erreichbares Ziel anstrebt.»

Es sei sicherlich gut, wenn der Verstand viele Wege anbiete, doch führe keiner davon zum Ziel, gleiche das eher einem Irrgarten. Es könne sein, dass das Herz oder das Bauchgefühl das Ziel besser finde. Dafür brauche es einen gewissen Spürsinn und eine Sensibilisierung, um den richtigen Weg zu spüren oder klar vor sich zu sehen. Es sei auch denkbar, dass man besser langsam marschiere, dafür immer dem richtigen Weg folge. Vielleicht komme man so weiter als diejenigen, die schnell liefen und dabei möglicherweise auf Abwege gerieten.

Weiter könne es sein, überlegt, dass das Gehen eines neuen Weges bedeute, einen anderen Weg aufzugeben. Ohne Wegweiser bestehe die Gefahr, sich zu verirren. Es sei fraglich, worauf man sich in dieser unruhigen Welt mit kreuz- und querlaufenden Wegen noch verlassen könne. 

«Wir tagen heute in diesem schönen Zunftsaal», so der Hauptpatriarch weiter, «der am nahen Ausflugspunkt Rigiblick, inmitten der Stadt Zürich liegt. Wo nur sehe ich dann den Rigi?

Ich habe es versucht. Zuerst geht es recht bequem per Standseilbahn zum Hotel hoch. Dann geht es aber steil bergauf und erst noch durch den lichten Wald auf steinigem, rutschigem Weg zum Rigiblick. Es war sehr neblig da oben und so habe ich die Wanderung abgebrochen. Daraus könnte man folgern:

Ohne Klarsicht keine Orientierung. Ohne Orientierung keine Weitsicht.

Wäre die Weitsicht vorhanden, dann sähe man ja, wie weit weg der Rigi tatsächlich von Zürich ist und wäre dann vielleicht enttäuscht.

So blieb aber alles im Nebel sehr unklar, wie so vieles in unserem Leben. Der Weg ist das Ziel, so wurde uns schon als Jugendlicher klargemacht, dass man stetig am Weg und am Ziel arbeiten sollte.

Das Ziel kann sich immer mal wieder verändern, doch den Weg dazu, muss man sich erarbeiten.

Manchmal ist er steinig, mal rutschig, mal steil, mal sanft und weich wie auf Moos. Aber gehen muss man den Weg immer selber mit oder ohne Hilfe.»

Wissenswertes und Lyrisches am Aventslager
Das Eidgenossen-Loger bringt Odd Fellows aus der gesamten Schweiz zusammen. Zeit für Gespräche und fürs Geniessen gab‘s bei Wein und Kulinarischem.

Das perfekte Geschenk

Gross-Sire Urs Zeller hatte passend zum Adventslager eine Weihnachtsgeschichte mitgebracht. Sie spielt in den Strassen Londons zur Zeit Queen Victorias. Hier eine Zusammenfassung der humorvollen, etwas andern Weihnachtsgeschichte:

Während die Stadt schläft, ist eine Statue am Piccadilly Circus in heller Aufregung: Eros, der griechische Gott der Liebe, hat ein Problem. Er ist unsterblich in Königin Victoria verliebt, die majestätisch vor dem Buckingham-Palast thront, und verzweifelt sucht er nach einem Weihnachtsgeschenk, das ihr gerecht wird. Doch was schenkt man jemandem, der alles hat und der einem selbst alles bedeutet?

Eros wand sich vor Sorge auf seinem Podest, stöhnte und jammerte so laut, dass die anderen Statuen Londons erwachten. Zuerst meldete sich Sherlock Holmes aus der Baker Street zu Wort und bot seine Hilfe an. Doch sein kryptischer Ratschlag, auf offensichtliche Tatsachen zu achten, brachte Eros nicht weiter. Wenn es offensichtlich wäre, hätte er längst ein Geschenk gefunden! Christoph Kolumbus vom Belgrave Square rief: «Gold! Alle Monarchen wollen Gold!» Doch Eros hielt Gold für zu banal, um seine Gefühle auszudrücken.

Paddington Bear schlug Marmelade vor – schliesslich gehe Liebe durch den Magen –, doch auch das schien Eros nicht passend. William Shakespeare empfahl Musik, unterstützt von Mozart, der aber ausdrücklich gegen Flötenmusik war. «Die Musik liegt in der Stille zwischen den Noten», fügte Mozart hinzu. Weitere Ideen folgten: Winnie the Pooh riet zu Unkraut, das man erst lieben lernen müsse, und Peter Pan empfahl Feenstaub. Isaac Newton sprach sich für Brücken statt Mauern aus. Doch je mehr Vorschläge Eros erhielt, desto verwirrter wurde er.

Die Zeit drängte, die Stadt erwachte, und Eros stand noch immer ohne Geschenk da. Er war verzweifelt und fühlte sich wie ein Versager. Doch dann fiel sein Blick auf seine Mutter Aphrodite, die nackt in Broadgate lag und verträumt in den Himmel blickte. Plötzlich hatte Eros die perfekte Idee. Er nahm seinen letzten goldenen Pfeil, spannte den Bogen und schoss ihn in den Himmel. Mit einem Mal begann herzförmiger Schnee auf die Stadt zu fallen. London wurde in eine zarte Decke aus Liebe gehüllt, und überall lag eine besondere Wärme in der Luft.

Als die herzerwärmenden Schneeflocken Königin Victoria erreichten, war sie gerührt. Sie erklärte, dass dieses Geschenk, das die Liebe in die Stadt brachte, das wundervollste sei, das sie jemals erhalten habe. «Frohe Weihnachten, meine Liebste», sagte Eros voller Erleichterung und Stolz.

Die Geschichte endet mit einer Botschaft über die Kraft der Liebe, die grösser ist als jedes materielle Geschenk – und darüber, wie selbst in den schwierigsten Momenten der Kreativität etwas Wundervolles entstehen kann.

Uwe Guntern

Über den Autor

Uwe Guntern ist Redaktor der Odd Fellows Zeitschrift.

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